Gabriel García Márquez ist tot. Sogar der Staatspräsident von Kolumbien trauert:
Für mich war er immer einer der größten. Seine Perfektionierung des »magischen Realismus« hat mich, als ich »Hundert Jahre Einsamkeit« aufschlug, von der ersten Seite an fasziniert. Es ist der Gedanke, dass die Wirklichkeit selbst, so wie sie ist, unendlich viel reichhaltiger ist, als unser Alltagsverstand das wahrhaben möchte. Ich muss nichts dazu tun oder gar »erfinden«, es genügt, wirklich hinzuschauen. Ich bin überzeugt, dass der »Magische Realismus« sich gewissermaßen von der anderen Seite genau jenem Punkt nähert, auf den auch sein romantisches Gegenstück zielt, der »Magische Idealismus«, wie Novalis ihn mit seiner »Wechselrepräsentationslehre des Universums« begründen wollte. Beide Konzepte gründen in der Ahnung, dass das Einzelne und das Ganze in einer verborgenen Harmonie miteinander verbunden sind.
Seltsam, dass in den vielen Nachrufen, die jetzt erscheinen, eines von García Márquez schönsten und größten Werken nicht erwähnt wird: Crónica de una muerte anunciada, eine Erzählung, die klassische formale Meisterschaft mit modernem journalistischen Blick und einem faszinierenden Plot verbindet und dabei durchaus die Stilmerkmale des Magischen Realismus anklingen lässt.
Lebewohl, Gabo!