Ver­lust­ge­schäft

Hans-Wer­ner Sinn, Prä­si­dent des Ifo-Insti­tuts, erklärt uns, dass Migra­ti­on ein »Ver­lust­ge­schäft« sei. 1800 EUR jähr­lich kos­tet ein Migrant mehr als er ein­bringt. Das ist wohl tat­säch­lich die Spra­che, in der Sinn und sei­nes­glei­chen über Men­schen reden. Als Ergeb­nis sei­ner For­schun­gen prä­sen­tie­ren uns die Wis­sen­schaft­ler des Ifo-Insti­tuts die alt­be­kann­te For­de­rung nach einer qua­li­ta­tiv gesteu­er­ten Zuwan­de­rung. Nur Men­schen, mit denen sich ein Geschäft machen lässt, sol­len künf­tig noch zu uns kom­men. Und um auch gleich eine ent­spre­chen­de Droh­ku­lis­se auf­zu­bau­en, ver­wei­sen sie mit Blick auf PEGIDA und ähn­li­che Bewe­gun­gen dar­auf, dass die Akzep­tanz zur Auf­nah­me von Flücht­lin­gen begrenzt sei. Wie schön, dass PEGIDA den Öko­no­men zu Hil­fe kommt. Und natür­lich darf auch die Auf­for­de­rung zu einer »akti­ven Bevöl­ke­rungs­po­li­tik« nicht feh­len, in der deut­sche Fami­li­en gestärkt wer­den. So wich­tig in der Tat Unter­stüt­zung für Fami­li­en ist: im Kon­text von Sinns öko­no­mi­scher Degra­die­rung von Migran­ten bekommt die­se Mah­nung einen selt­sa­men Geschmack.

Man kann der Mei­nung sein, dass es unan­stän­dig ist, wenn Sinn die Situa­ti­on von Flücht­lin­gen, die gegen­wär­tig vor Ter­ror und Krieg zu uns flie­hen, mit der all­ge­mei­nen Fra­ge nach einer gesteu­er­ten Zuwan­de­rung in einen Topf wirft. Man kann auch der Mei­nung sein, dass es unethisch ist, wenn ein solch rei­ches Land wie die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land eine schä­bi­ge Rech­nung auf­macht, was Men­schen ihr ein­brin­gen. Das wür­de aber vor­aus­set­zen, dass die Kul­tur und das Ethos des auf­neh­men­den Gast­lands so über­zeu­gend und zwin­gend sind, dass Zuwan­de­rer, egal ob gesteu­ert oder nicht, sich letzt­lich aus frei­en Stü­cken inte­grie­ren. Aber wenn nicht ein­mal die höchs­ten Reprä­sen­tan­ten der öko­no­mi­schen Wis­sen­schaft über ein sol­ches Ethos ver­fü­gen, braucht man sich nicht zu wun­dern, wenn die­ses samt der »abend­län­di­schen Kul­tur« nur noch als hoh­le Phra­se beschwo­ren wird. Herr Sinn hat ver­mut­lich nicht ein­mal begrif­fen, was das Wort »Ethos« bedeu­tet, er wür­de höchs­tens fra­gen, wie­viel es ein­bringt. In alten Zei­ten, als noch über die engen Gren­zen des öko­no­mi­schen Para­dig­mas hin­aus gedacht wur­de, sag­te man über sol­che Men­schen, sie sei­en »ὅμοιος φυτῷ«, also einer Pflan­ze gleich und wür­den nicht mehr am phi­lo­so­phi­schen Dis­kurs teil­neh­men (Aris­to­te­les, Meta­phy­sik, 1006a, 14). Am Geschäft – hof­fent­lich einem ein­träg­li­chen – kön­nen Herr Sinn und die Leu­te von PEGIDA natür­lich wei­ter teil­neh­men, dazu muss man nicht denken.

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Der Regenpfeifer heißt mit bürgerlichem Namen Hermann Josef Eckl und lebt in Regensburg. Auf seiner Pinnwand können Sie Ihr Feedback hinterlassen. Hier finden Sie seine aktuelle Lektüre. Hören können Sie ihn in einigen Podcasts. Noch mehr über ihn erfahren Sie hier.

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1 Gedanke zu „Ver­lust­ge­schäft“

  1. Inzwi­schen hat Sinn selbst Stel­lung genom­men: sein Plä­doy­er für eine gesteu­er­te Zuwan­de­rungs­po­li­tik ist ja nicht falsch und mit sei­nen Berech­nun­gen, die er anstellt, ist er wohl nur ein Teil des all­ge­mei­nen Wahns, alle poli­ti­schen und ethi­schen Aspek­te in Öko­no­mie umrech­nen zu wollen.

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