Es ist völlig unklar, wen oder was ein Blasphemie-Gesetz, das nun verschiedentlich gefordert wird, eigentlich schützen soll. Frage ich mich, ob ich für mich persönlich solch ein Gesetz für wünschenswert erachten soll, so komme ich zu dem Schluss, dass ich überhaupt erst durch ein derartiges Gesetz so etwas wie eine Beleidigung verspüren würde. Ich habe nämlich keine »religiösen Gefühle«, sondern religiöse Überzeugungen. Und für diese meine ich zwar keine »Beweise«, aber doch sehr gute Gründe zu haben, die es mir erlauben, jederzeit dafür einzustehen. Ein Blasphemie-Gesetz hingegen würde unterstellen, dass meine Überzeugungen und deren Gründe keiner ernsthaften rationalen Auseinandersetzung für wert gehalten werden. Vielmehr scheint man davon auszugehen, sie seien derart schwach, dass sie sich im freien Diskurs nicht behaupten könnten, stattdessen einer Art Sonderstatus bedürften, mit dem die hilflosen Gläubigen geschützt werden müssten. So wie man Arten, die sich an veränderte Lebensbedingungen nicht mehr anpassen können, unter Naturschutz stellt. So sympathisch und wichtig mir der Schutz bedrohter Lebensformen ist – für mich und meine Überzeugungen verbitte ich ihn mir.
Brauche ich ein Blasphemie-Gesetz?
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