Meine Gedanken zum diesjährigen Weihnachtsfest finden sich sehr gut wieder in einem Bild von Pieter Breughel d.J. Es bringt zum Ausdruck, wie sehr »Gott am Rande« steht (Klaus Müller) – damals wie heute.
Dass Gott gerade als Randständiger und Wandelbarer sich als die Mitte unseres Daseins erweist, verdeutlicht Leonardo Boff (im nachstehenden Text). Zwischen Müllerscher Subjektphilosophie und Boff’scher Befreiungstheologie lassen sich durchaus Resonanzen entdecken. Mögt auch Ihr, mögen auch Sie einen Gedanken finden, der es im Herzen Weihnachten werden lässt.
Sagt der Glaube uns nicht, dass [Gott] unwandelbar ist, dass er das Sein in seiner ganzen Fülle besitzt, die Glückseligkeit ohne irgendeine Einschränkung? Es gehört […] zum wesentlichen Inhalt unseres christlichen Glaubens, zu bekennen, dass Gott unwandelbar ist und nicht ausgeliefert an Angst, dem Ausdruck eines Mangels an absoluter Selbstverwirklichung.
Dennoch ist es wahr, dass Gott sich zum Menschen machte. Nur wenn wir das glauben, können wir echte Christen sein und nicht bloß Monotheisten. Es ist uns erlaubt, Weihnachten zu feiern als Fest, an dem Gott warmes und sterbliches Fleisch wurde.
Es genügt nicht, zu behaupten, die Verwandlung sei nur auf seiten des Menschen geschehen, der von Gott angenommen wurde, und nicht in Gott selbst. […] Die Botschaft des Glaubens beteuert uns: die Menschwerdung ist eine Tatsache und stellt ein Ereignis Gottes dar. Gott ist wirklich Mensch geworden. Gott ist das Subjekt der Wandlung. Dann muss es also möglich sein, dass die Unwandelbarkeit mit der Wandelbarkeit koexistiert, so wie es möglich ist, dass Menschheit und Gottheit im selben und einzigen Jesus Christus zusammentreffen. In der Tat, Gott, der in sich selbst unveränderlich ist, ist veränderlich in Jesus von Nazaret. Gott ist so totale Liebe, dass er in sich selbst alles möglich macht, selbst das, zu einem endlichen Menschen zu werden. Wenn er nicht imstande wäre, Menschen zu werden, dann wäre er nicht der Absolute. Wenn er sich nicht zu einem ganz anderen machen könnte, ohne zu verlieren, was er von jeher ist, wäre er nicht die ganze und vollkommene Liebe.
Leonardo Boff, Mensch geworden. Das Evangelium von Weihnachten, Freiburg 1986, 15–16.
Bild: Pieter Breughel d.J.: Anbetung der Könige im Schnee